Kurzgeschichten

 

Nun, das heißt Kurzgeschichten etwa über fliegende Untertassen in der Antarktis („Urlaub in Neuschwabenland“), eine totalitäre Bayerische Stadt unter der Glaskuppel („Stoiberstadt“) und v.a. – über Helmut. 

 

Die Helmut-Saga:

Helmut ist ein komischer junger Mann, der in einer komischen Stadt wohnt, vielleicht Bielefeld. Er verhält sich auch komisch, ist uns aber irgendwie sympathisch. Wir fühlen mit Helmut. Wir sind Helmut.

  • „Helmut und die Horrorturnschuhe“ („Vor dem Training“)

(Helmut hat sich neue Turnschuhe gekauft, die ihm Angst bereiten)

  • „Helmut im Schimmelland“

(Helmut taucht beim Badputzen ein in die Welt des Schwarzen Schimmelritters und wird ein Held)

  • „Helmut will aufräumen“

(Helmut liefert sich, nachdem sein Staubsauger kaputtgegangen ist, ein Duell mit seinem Widersacher, Herrn Vorwerk, und hält eine politische Rede)

  • „Helmut will eine Frau anbaggern“

(Helmut nimmt für seine große Liebe, Verena, sogar Mormonen in Kauf)

  • (…)

 

„Helmut will aufräumen“: Die Staubsauger-Rede

„Liebe Konsumentinnen und Konsumenten!“

 – Er machte eine kleine Künstlerpause und schaute in die Runde.

 „Zunächst einmal möchte ich mich herzlich bei Ihnen allen bedanken, daß Sie mich zum Geschäftsführer dieses renommierten Elektrogroßmarktes gewählt haben. Es ist mir daher eine ganz besondere Ehre, heute zu Ihnen sprechen zu dürfen.

Sie alle, liebe Besucherinnen und Besucher dieses Marktes, möchte ich ganz herzlich begrüßen, und auch die Kolleginnen und Kollegen – besonders einen Mitarbeiter aus der Staubsaugerabteilung. – Ja – ich meine Sie, Herr Vorwerk. – Dort haben sich nämlich schon seit Jahren gewisse schlimme Mißstände eingeschlichen, die sich zuletzt immer mehr, bis zur Unerträglichkeit gesteigert haben.

Liebe Konsumentinnen und Konsumenten,

Darf es sein, daß einem hier Staubsauger angedreht werden, die genau dann den Geist aufgeben, wenn die Garantie gerade eine Woche verstrichen ist?!

Darf es sein, daß in dieser Abteilung Bedienungsanleitungen, wo was vom Moltofill- und Mehlsaugen drinsteht, mutwillig vom Personal entfernt werden, sodaß der arglose Kunde seinen Staubsauger zuhause falsch bedient und dadurch zugrunde richtet?!

Darf es sein, daß einem daraufhin teure Reparaturen angeboten werden, die wahrscheinlich im Geheimen sabotiert oder aber erst gar nicht ausgeführt werden, damit der Kunde das Gerät erneut für sein sauer verdientes Geld zur Reparatur geben soll?!

Darf es sein, daß auf diese Weise hier das Vertrauen der Kunden auf das Schamloseste mißbraucht wird, und das aus reiner Profitmacherei?!

Ja, und liebe Konsumentinnen und Konsumenten, darf es wirklich sein, daß noch dazu obendrein das Gehalt von Herrn Vorwerk das der anderen Verkäufer dieses Marktes und sogar das des Geschäftsführers um ein Vielfaches übersteigt?!

Wie lange wollen wir das eigentlich noch hinnehmen?!“

Helmut machte einen kurzen Schluck aus einem Glas prickelndem Sprudelwasser, das vor ihm eingeschenkt worden war.

„Wollen wir weiterhin stillschweigend zusehen, wie dieser angesehene Elektrogroßmarkt zu einem billigen Saftladen verkommt?!?!“

Tosender Beifall aus dem Publikum.

„Für Krämerseelen wie Herrn Vorwerk mag das vielleicht ein erstrebenswerter Zustand sein – und manche von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, mögen Herrn Vorwerk sogar für einen ausgezeichneten Leiter der Staubsauger-Abteilung halten –

Aber wir alle wissen doch, daß hier von ihm tagtäglich arglose, gutgläubige Kunden, und immer wieder auf’s Neue, abgezockt und für dumm verkauft werden!! meine sehr verehrten Damen und Herren.

Diese Machenschaften müssen endlich aufhören!!“

Wieder tosender Applaus, sowie vereinzelte Buh-Rufe, wahrscheinlich aus der Richtung der Kaffeetanten.

„Meine Damen und Herren –

Sie können sicher sein: Ich werde mich mit meiner ganzen Kraft dafür einsetzen, daß die Staubsaugerabteilung gründlich reformiert wird! Wir brauchen mehr Transparenz, mehr Beratung, mehr Kundenfreundlichkeit, auch wieder das ehrliche Verkaufsgespräch!“

Tosender Beifall.

Helmut stützte sich selbstsicher auf das Rednerpult. Leider wackelte dieses etwas, wodurch er fast das Gleichgewicht verloren hätte. Er ließ sich aber nichts anmerken und fuhr unbeirrbar fort:

„Ähnliche Reformen wurden in der Waschmaschinenabteilung unter Herrn Müller bereits 1983 durchgeführt, meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen wir uns das doch einmal vor! Es ist doch ein Armutszeugnis, daß – ”

(…)

 

(c) Betty Quast 2010

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